Lernen entsteht nicht im LMS. Es entsteht im Kopf. Warum produktives Denken Raum braucht

Mehr Menschen = mehr Stunden = mehr Output.

Diese einfache Gleichung prägte über ein Jahrhundert lang unser Verständnis von Arbeit. Sie war das Rückgrat der industriellen Logik – Fleiß, Struktur, Effizienz. Aber diese Formel funktioniert nicht mehr. Denn Arbeit hat sich verändert. Sie ist heute weniger repetitiv, weniger körperlich. Und dafür deutlich kognitiver, kreativer, komplexer.

Doch während sich die Arbeit gewandelt hat, hängen viele Unternehmen in ihren Weiterbildungsstrategien noch immer im industriellen Denken fest: Lernpfade, Module, LMS, To-dos. Lernen als Abarbeiten. Lernen als Struktur.

Was dabei verloren geht? Der Raum fürs Lernen selbst.

Kreativer Fleiß funktioniert anders

Ich bin selbst Musiker. Und aus über 20 Jahren in der Musik weiß ich eines ganz sicher: Kreativer Fleiß lässt sich nicht erzwingen. Du kannst dich nicht einfach hinsetzen und „produktiv“ sein, wenn es darum geht, etwas Neues zu schaffen. Kreativität braucht Vorbereitung. Aber vor allem braucht sie Leerlauf. Pausen. Impulse. Raum.

Und dieser Grundsatz gilt nicht nur fürs Musikmachen, sondern auch fürs Arbeiten im Unternehmen:

  • Für strategisches Denken,

  • für Innovation,

  • für Change-Prozesse,

  • für wirkungsvolle Kommunikation,

  • für Führung.

Kurz: Für alles, was nicht einfach „durchziehen“, sondern „verstehen und gestalten“ erfordert.

Unser Gehirn funktioniert nicht wie ein Fließband. Es braucht Stimulation und Regeneration. Lernen passiert nicht durch Konsum, sondern durch Verknüpfung. Und diese Verknüpfung braucht Luft zum Atmen.

Die Illusion vom „gesteuerten Lernen“

In vielen Organisationen beobachte ich denselben Reflex: „Wir müssen mehr Lernangebote machen. Mehr Content. Mehr Programme.“ Und klar: Plattformen, Lernpfade, Microlearnings und Toolkits haben ihren Platz. Aber sie sind kein Selbstzweck.

Denn was passiert wirklich?

  • Die Inbox ist voll.

  • Der Kalender ist dicht.

  • Die Lernzeit ist nullkommanichts wegrationalisiert.

  • Und die tollen Inhalte verstauben im LXP.

Das ist nicht Lernen. Das ist Beschäftigungstherapie. Und vor allem: Es ist ein Missverständnis von Wirksamkeit.

Lernen entsteht nicht im LMS. Es entsteht im Kopf.
Und dafür braucht es einen anderen Fokus: Nicht mehr Struktur. Sondern mehr Raum.

Raum geben heißt: Lernen ermöglichen

Was bedeutet das konkret?

1. Raum im Kalender:
Lernzeit darf keine Lücke sein, sondern muss eingeplant werden. Meeting-freie Halbtage. Lern-Sprints. Reflexionsphasen nach Projekten. Zeit ist die wichtigste Ressource für Denkprozesse.

2. Raum für Austausch:
Peer Learning, Mentoring, Dialogformate. Viele Menschen lernen erst dann wirklich, wenn sie mit anderen sprechen, Perspektiven austauschen, Feedback erhalten. Lernen ist sozial.

3. Raum für Fehler:
Ohne psychologische Sicherheit gibt es kein echtes Lernen. Wer nur Leistung zeigen darf, wird nie Lernfragen stellen. Wer nur Ergebnisse liefern muss, wird keine neuen Wege ausprobieren.

4. Raum in der Haltung:
Lernen ist kein Nebenbei-Thema. Es ist zentral für Wandel, Innovation und Bindung. Wer Menschen entwickeln will, muss dafür mehr tun als ein E-Learning freischalten.

Oder um es mit einem bekannten Gedanken zu sagen: „We are human beings – not human doings.“
Es geht nicht darum, Beschäftigung zu schaffen, sondern Potenzial zu entfalten.

Mein Appell an Entscheider:innen

Wenn du willst, dass deine Mitarbeitenden lernen – dann schaffe Raum.

Nicht noch ein Tool. Nicht noch ein Pflichtmodul. Nicht noch ein PDF.

Sondern:

  • Raum zum Denken.

  • Raum zum Hinterfragen.

  • Raum zum Wachsen.

Denn genau da entsteht die eigentliche Produktivität: nicht im Abarbeiten, sondern im Andersdenken.

Schlussgedanke

Ich berate Unternehmen seit über 14 Jahren in Lern- und Transformationsprojekten. Und eines zeigt sich immer wieder: Die Organisationen, die echte Lernräume schaffen (im Kalender, in der Kultur, in der Führung) sind resilienter, innovativer und erfolgreicher.

Wer Lernen ermöglichen will, muss aufhören, nur Lernformate zu bauen.
Lernen ist kein Feature. Es ist eine Haltung.

Wenn du dabei Unterstützung brauchst, melde dich gerne. Ich helfe dir, den Raum fürs Lernen nicht nur zu denken – sondern auch zu gestalten.

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Peer-to-Peer Feedback: Ein Schlüssel zur Lernkultur